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Marseille

Silber beim olympischen Testevent in Marseille

Der Weg zu Silber in Marseille
Nach dem Testevent ist vor der Weltmeisterschaft, in 5 Tagen gehts`s los! Aufgrund von Krankheit und einem straffen Terminplan kommen hier etwas verspätet unsere persönlichen Einblicke vom olympischen Testevent in Marseille.
Bereits am 30. Juni ging es los nach Marseille, wo vom 7. bis zum 15. Juli das olympische Testevent stattfand. Die ersten Tage trainierten wir nochmal vor Ort um uns wieder an das Revier zu gewöhnen und nochmal an letzten Abstimmungen zu arbeiten, bevor es dann für alle in den olympischen Hafen ging, wo das Testevent stattfand. Davor haben wir in Pointe Rouge trainiert, einem Hafen der nur 7min mit dem Fahrrad entfernt liegt. In den olympischen Hafen durfte man nur mit einer Akkreditierung und auch sonst gab es sehr viele Regeln und Auflagen während der gesamten Regatta, welche uns vor die ein oder andere Herausforderung stellten. So durften wir die Boote nicht mit dem Wasser im Hafen abspülen und waren auf kleine Wasserkanister angewiesen, welche im Vorhinein täglich organisiert wurden, um das Boot vom Salz zu befreien. Wir gehören mittlerweile zu den erfahrenen Seglern in unserem Feld und haben schon an vielen wichtigen Wettkämpfen teilgenommen, sodass uns die vielen Dinge ums Segeln herum nicht aus der Ruhe bringen konnten. Auch eine gebrochene Travelerschiene am letzten Vorbereitungstag konnten wir mit einer guten Teamleistung beheben und so gingen wir hoch motiviert und konzentriert in den ersten Wettkampftag. Wir waren dann vor den Rennen doch ein bisschen nervös, segelten wir zum einen in einem viel kleineren Feld als sonst und zum anderen war das hier das Testevent der olympischen Spiele also quasi die Generalprobe.
Voller Vorfreude auf das olympische Testevent
Am ersten Tag hatten wir um 12 Uhr Start, welcher aufgrund von sehr wenig Wind noch etwas nach hinten verschoben wurde. Es ging dann zwar recht bald auf die Regattabahn, jedoch hatten wir auch dort sehr wenig Wind, sodass wir weiterhin Startverschiebung hatten. Aufgrund der hochsommerlichen Temperaturen hatten wir eine Kühlbox mit Eis auf dem Motorboot. Mit diesem kühlten wir unser Getränke und tunkten auch unsere Caps regelmäßig in das eiskalte Wasser in der Box. Anders war es auf dem Wasser einfach nicht auszuhalten. Dann nach einer gefühlten Ewigkeit war der Wind etwas stabiler und es ging endlich los. Ein schlechter Start im ersten Rennen stellte unsere Nerven direkt auf die Probe. Wir mussten uns dann durch das Rennen kämpfen, blieben ruhig und konnten noch viele Boote aufholen. Mit dem 9. Platz am Ende waren wir dennoch nicht sehr zufrieden. Im zweiten Rennen setzten wir dann unseren Plan deutlich besser um. Durch einen sehr guten Start konnten wir uns direkt in der Spitzengruppe festsetzen und führten das Feld auf der zweiten Kreuz sogar kurz an. Wir konnten den knappen Vorsprung aber nicht ins Ziel retten und wurden bei sehr stark drehenden Winden vierter. Das war zwar kein brillanter Start in diese Regatta aber auf jeden Fall ein solider. Zudem hat uns der Tag auch aufgezeigt, dass wir uns in diesem Feld nicht zu verstecken brauchen und noch viel Potential haben für die weitere Rennserie. Zurück an Land stellte sich zunächst die Frage ob wir noch einen Protest einreichen gegen das italienische Boot im ersten Rennen. Nach längerem Überlegen zusammen mit unserem Trainer und unserem Regelberater Craig haben wir uns dann aber doch dagegen entschieden. Es war bereits sehr spät und wir waren beide ziemlich erschöpft von dem langen Tag. Wir wollten uns lieber erholen als die nächste Stunde noch im Jury-Raum zu verbringen. Es sollte sich in den nächsten Tagen noch zeigen, dass diese Entscheidung Gold wert war.
Nachdem der erste Tag hinter uns lag und die leichte Anfangsnervosität sich gelegt hatte, konnten wir dann am zweiten Renntag bei 7-9 Knoten richtig brillieren. Bereits beim Einsegeln auf dem Wasser hatten wir ein gutes Gefühl für das Boot und auch die Seebrise, welche an diesem Tag wehte, hatten wir bereits im Training häufig gehabt. Der Wind war deutlich gleichmäßiger und berechenbarer als noch am Tag zuvor. Wir hatten einen klaren Plan für die Rennen. Auf der linken Seite der Startlinie starten und anschließend die linke Seite aussegeln. Hierbei musste man den oszillierenden Wind beachten. Im ersten Rennen setzten wir diesen Plan perfekt um und führten das Rennen direkt an. Auch ein kleiner Fehler auf dem Halbwind konnte uns den Sieg nicht mehr nehmen. Zwar wurde es zwischenzeitlich nochmal eng und wir vielen auf Rang 2 zurück aber wir waren an diesem Tag einfach so gut drauf, dass wir bereits nach dem ersten Vorwindgang wieder das Feld anführten und am Ende fast mit einem ganzen Schenkel Vorsprung als erste ins Ziel fuhren. Auch am zweiten Rennen des Tages kamen wir sehr gut aus dem Start und waren wieder in der Spitzengruppe, welche aus 4 Schiffen bestand. Am Ende fuhren wir hinter den Amerikanern und Japanern als dritte über die Ziellinie. Anschließend erfuhren wir, dass beide Boote vor uns zu früh über die Startlinie gefahren sind und disqualifiziert wurden. Das bedeutete zwei Tagessiege und die aktuelle Führung für uns. In Marseille mit dem gelben Leibchen der Führenden zu segeln ist einfach mega!

Zwischenzeitlich auch in den roten Leibchen der Gesamtdritten Ab dem dritten Tag änderte sich der Wind deutlich. Zunächst hatten wir wieder sehr wenig und stark drehenden Wind. Zwei Rennversuche mussten auf der Hälfte abgebrochen werden, sodass wir nach 2 Stunden auf dem Wasser noch kein Rennen zu Ende segeln konnten. Dann kam der vorhergesagte Gradientwind aus Südost mit 15-18 Knoten. Wir taten uns mit den neuen Windbedingungen sehr schwer. Eigentlich waren unsere Starts sehr solide und der Bootsspeed war auch gut, aber irgendwie lastete der Druck der aktuellen Gesamtführung stärker auf uns als gedacht. Es hat an diesem Tag nur für die Plätze 9 und 16 gereicht. Das war ein herber Schlag für uns. Wir konnten an diesem Tag einfach nicht unsere Leistung abrufen und machten zu viele einfache Fehler. Zurück an Land war es dann wichtig, diesen Tag abzuhaken und zu akzeptieren, dass es so gelaufen ist. Wir lagen immer noch auf Rang 3 und die Punkte waren für alle sehr eng.
Am vierten Tag waren die Bedingungen wieder ähnlich und wir wollten vor allem uns beweisen, dass wir es besser können als am Tag zuvor. Wir versuchten so früh wie möglich abzulegen um mehr Zeit beim Einsegeln zu haben. Die Rennen verliefen deutlich besser, auch wenn die Ergebnisse am Ende Platz 8 und 11 sind. Wir waren aber immer dicht an der Spitzengruppe dran. Das Feld war sehr dicht zusammen und es fehlte einfach die eine gute Entscheidung für eine Top Platzierung. Es fühlte sich etwas so an, als bräuchten wir einfach mehr Zeit um uns an den stärkeren Wind zu gewöhnen. Nur lief uns gerade diese davon. Wir fielen insgesamt zurück auf Rang 4 und es lag nur noch ein letzter Renntag vor uns, nachdem sich die besten 10 Boote für das Medalrace qualifizieren. Wir wollten uns für das Medalrace in eine gute Ausgangssituation für eine Medaille bringen und gingen sehr fokussiert an die Rennen. Der Wind wehte sehr stark mit 18-23kts und unsere Kreuztonne lag sehr dicht unter der Insel Les Îles. Der Wind war dementsprechend sehr böig und drehte sehr stark. Man musste versuchen sein Rennen zu fahren, auf die Winddreher zu reagieren und weniger nach dem Feld zu fahren. Wir kamen im ersten Rennen gut aus dem Start und konnten so frei die
Winddrehungen aussegeln. So waren wir direkt vorne in der Spitzengruppe mit dabei. Auf der zweiten Kreuz konnten wir kurz vor der Kreuztonne dann die letzte Winddrehung besser aussegeln als unsere Konkurrenten und so setzten wir uns an die Spitze vor dem letzten Vorwindgang und verteidigten unsere Führung dann sicher bis ins Ziel. Wieder ein Rennsieg für uns und damit eine optimale Ausgangssituation für das letzte Rennen. Diesmal starteten wir nicht so gut und mussten uns erst frei segeln. Das kostete uns den Platz in der Spitzengruppe, aber wir lagen direkt dahinter als wir um die Kreuztonne segelten. Auf dem Vorwindgang verpassten wir dann eine große Windböe, was uns weit zurück warf, wir lagen zwischenzeitlich auf Rang 13 aber starteten dann noch eine Aufholjagd und kämpften uns bis auf Rang 8 vor. Damit lagen wir vor dem Medalrace auf Rang 3, aber vor allem hatten wir endlich wieder unser Selbstvertrauen gefunden und das brauchten wir hier noch um eine Medaille zu gewinnen.

Perfekter Start beim Medalrace
Obwohl die Punkte vor dem Medalrace sehr eng waren (nur 5 Punkte zwischen Platz 3 und 8), kam bei uns keine Nervosität auf. Wir hatten einen ganz klaren Rennplan. Wenn die Punkte so eng sind, dann muss man von der ersten Sekunde an Vollgas geben. Das Rennen fand dicht unter Land statt und wir hatten wieder sehr starken und böigen Wind mit 18-25kts. Die Böen schlugen sehr hart rein in den Rennkurs und es zeichnete sich bereits früh ab, dass man eher nach links zum Land fahren sollte. Dort war einfach etwas mehr Wind. Wir fuhren einen perfekten Start und konnten direkt frei nach links fahren. Der Plan ging auf und so rundeten wir die erste Tonne direkt an Position zwei, dicht gefolgt von den Amerikanern und den Japanern. Auf dem Vorwindgang konnten wir den Abstand dann vergrößern und zogen sogar an den Österreichern vorbei. Dann nach der Halse gab es einen Schreckmoment. Eine starke Windböe hatte uns unvorbereitet erwischt und unser Boot kippte auf die Seite. Glücklicherweise konnten wir eine Kenterung vermeiden und stellten das Boot schnell wieder auf. Das kostete natürlich sehr viele Meter und die Amerikaner waren jetzt wieder direkt an unserem Heck. Unser Boot war zudem voll mit Wasser und so versuchten wir uns bis zum Vorwindgate zu retten. Unser Boot war endlich wieder leer und jetzt war ein offener Schlagabtausch auf der zweiten Kreuz.
Wer trifft die Winddreher besser? Das waren wir und verteidigten den zweiten Platz erst einmal. Die letzte Winddrehung vor der Kreuztonne aber erwischten die Japaner und kamen wieder ganz dicht an uns heran. Auf dem letzten Vorwindgang konnten wir durch einen besseren Speed den Abstand zu den Japanern aber wieder vergrößern und segelten bereits dicht an die führenden Österreicher heran. Es reichte knapp nicht um auf dem Halbwind ins Ziel diese noch zu überholen aber das war uns egal, mit dem zweiten Rang im Medalrace hatten wir auf jeden Fall Bronze sicher. Ein wilder Ritt auf dem letzten Halbwind direkt hinter den Österreichern
Jetzt mussten wir noch abwarten und schauen auf welchem Platz die Gesamtführenden und die Gesamtzweiten ins Ziel kamen. Die Franzosen beendeten das Medalrace auf Rang 5 und gewannen damit das Testevent. Dann die Überraschung, die Spanier kamen erst als 8. ins Ziel und rutschten damit noch von Rang 2 zurück auf Bronze. Wir warteten noch bis das Ergebnis am Ziel offiziell ausgehangen wurde, dann hatten wir Gewissheit. Es war Silber für uns! Wir konnten es kaum glauben, wir hatten es tatsächlich geschafft!

Wir freuen uns riesig über dieses Ergebnis und sind unserem Trainer sowie allen Unterstützern und Förderern sehr dankbar! Natürlich wurde an dem Abend noch ausgiebig gefeiert und der Moment genossen, bevor es wieder zurück nach Hause ging.

Nach dem olympischen Testevent ist vor der Weltmeisterschaft und so war die Pause zu Hause nur kurz. Nach 10 freien Tagen ging es bereits wieder nach Nieuwpoort in Belgien zur direkten Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft in Den Haag. Dort werden uns sehr schwierige Bedingungen mit viel Strömung erwarten, was einer akribischen Vorbereitung bedarf. Wir haben dieses Training bereits beendet und sind in Den Haag angekommen, wo in 5 Tagen schon die ersten Rennen der WM starten werden. Wir fühlen uns gut vorbereitet und fiebern den Rennen bereits entgegen.